Zertifizieren mit LPI
Der Sinn einer Zertifizierung ist in aller Regel, nachzuweisen, dass im betreffenden Themengebiet ein definierter Wissensstand (mindestens) vorhanden ist.
Für kommerzielle Produkte steckt hierbei normalerweise der jeweilige Hersteller die Grenzen ab und bürgt quasi mit seinem Namen dafür, dass die Zertifizierten das Themengebiet beherrschen.
Insbesondere im Cloud- und Virtualisierungsumfeld werden jedoch häufig Betriebssysteme und Produkte eingesetzt, die aus der Welt von „Free and Open Source Software“ (FOSS) stammen. Hier greift das Modell der Verknüpfung von Produkt und Hersteller nicht mehr in jedem Fall.
Ausnahmen bilden hierbei die kommerziellen Zweige im Umfeld der FOSS Bewegung, namentlich z.B. Oracle, RedHat oder die Computing Technology Industry Association (CompTIA).
Letztere ist zwar nach eigener Aussage herstellerneutral, als kommerzielles Unternehmen mit Gewinnorientierung jedoch möglicherweise nicht vollkommen unabhängig in ihren Entscheidungen.
So hat sich 1999 das Linux Professional Institute in Toronto, Kanada als gemeinnützige Organisation mit dem Ziel, unabhängige Zertifizierungen für Linux, BSD und auf Open-Source-Software basierende Technologien anzubieten, gegründet.
Mittlerweile hat es sich zu einer der bekanntesten Zertifizierungen in FOSS Umfeld entwickelt und ist als aussagekräftiger Kompetenznachweis weltweit anerkannt.
Die meisten Prüfungen stehen neben Englisch auch in Deutsch, Japanisch, Chinesisch, Französisch, Portugiesisch oder Spanisch zur Verfügung.
Die bekanntesten LPI Zertifizierungen sind vermutlich LPIC-1, LPIC-2 und LPIC-3, die eine umfassende, distributionsunabhängige Kenntnis des Linux Betriebssystems und der in diesem Umfeld verwendeten Programme und Dienste bescheinigen, welche mit aufsteigender Nummerierung an Tiefe zunimmt.
Die Liste der angebotenen Zertifizierungen umschließt auch spezialisierte Themenfelder, wie z.B. Web Development, Security oder DevOps. Ein niedrigschwelliges Angebot mit einem besonderen Fokus darauf, Schülern und Studenten den erfolgreichen Einstieg in die Open-Source Welt zu bescheinigen, stellt die „Linux Essentials“ Zertifizierung dar.
Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal des LPI ist, dass es nahezu keine vorgegebenen, offiziellen Lernunterlagen oder Kursangebote und keinen öffentlichen Zugang zum Katalog der Prüfungsfragen gibt. Wohingegen die Mitarbeit zur Definition der Prüfungsgebiete und ihrer Gewichtung innerhalb der Prüfung über die Mitarbeit im Exam Development Team für jeden offen steht.
Obwohl dieser Mangel an offiziellen Lernunterlagen zunächst wie ein Nachteil der LPI-Zertifizierung scheint, zeigt es sich bei genauerer Betrachtung als deutlicher Vorteil, da gegenüber vieler anderer Prüfungen das reine Auswendiglernen von Prüfungsfragen und -antworten, wie es z.B. auch bei der theoretischen Führerscheinprüfung für einen Pkw oder den Zertifizierungen einiger großer Hard- und Softwarehersteller oft üblich ist, hier nicht hilft.
Dies führt dazu, dass an vielen Stellen ein tiefgehendes Verständnis der Zusammenhänge im jeweiligen Thema verlangt wird, was umso mehr zutrifft, je höherwertiger die Zertifizierung ist.
Um nun die geforderten Wissensgebiete und die erwartete Intensität des Verständnisses eindeutig zu definieren, gibt es zu jeder LPI Zertifizierung eine Liste von Lernzielen, mit Hinweisen und Auflistungen zu den erwarteten Prüfungsbestandteilen, sowie ihrer Gewichtung im Gesamtzusammenhang.
Ergänzend gibt es eine ganze Reihe inoffizieller Kurse, Bücher, Online-Tutorials und Lernhilfen, die den interessierten Anwärter auf eine LPI Zertifizierung bei seinen Bemühungen unterstützen. Eine kurze Internet-Recherche mit den Suchbegriffen LPI, der angestrebten Zertifizierungsstufe und ggf. dem gewünschten Medium, liefert hier schnell relevante Ergebnisse.
Fazit
Die Informatik ist ein schnelllebiges Feld und das Wissen von gestern ist morgen oft schon nicht mehr besonders hilfreich. Wer würde heute noch etwas darauf geben, wenn jemand erfolgreich sein Wissen zu Internet Newsgroups nachweisen kann?
Aber zu wissen, wie eine alte Technik im Hintergrund funktioniert, hilft oftmals aktuellere Funktionsweisen schneller zu erfassen und über das „Warum“ intuitiv auf das „Wie“ schließen zu können.
Deshalb halte ich den Ansatz des Linux Professional Institute, das Grundverständnis der Zusammenhänge zu verinnerlichen, statt einfache Frage/Antwort Kombinationen auswendig zu lernen, für absolut zielführend und für den effektiveren Weg sein erarbeitetes Wissen möglichst lange sinnvoll nutzen zu können.
Die persönliche Lernkurve ist dadurch möglicherweise anspruchsvoller und mancher wird sich gerade zu Beginn seiner Vorbereitung ein wenig verloren und alleingelassen vorkommen, dies führt aber insgesamt zu einer tiefergehenden Beschäftigung mit der Thematik, was sich wiederum langfristig auszahlt.
Softwareentwicklung